Vortrag: Klimawandel und die Folgen

Klimawandel – Verlust der Biodiverstität – Messung der Biodiversität – die halbe Erde

Langsam füllte sich letzten Samstag die Jakobshütte auf unserem Gelände. Zu Gast war Dirk Lankenau, Naturschutzreferent beim DAV Mannheim und Biologe. Initiiert hatte den Vortrag Wolfgang Engelter, der beim DAV-Mannheim das 4000er Projekt leitet und seinen Teilnehmern und unsere Mitglieder in den Genuss eines Vortrags zum Thema Auswirkungen des Klimawandels auf die alpine Tier- und Pflanzenwelt bringen wollte. Über 20 Teilnehmende nahmen in unserer Hütte Platz und lauschten gespannt den Ausführungen von Dirk, der seinen Vortrag mit spannenden Erfahrungsberichten und zahlreichen Bilder ausschmückte.

Der Klimawandel verändert die Landschaftsstrukturen und wirkt sich damit natürlich auf die Tier- und Pflanzenwelt und die Artbildung aus. Der Klimawandel ist anthropogenes Phänomen. Die Geschichte der Artenbildung dagegen viel länger. Dirk nahm uns mit auf einen Flug über die Nunataks in Grönland, wo Felsen aus den Gletschern herausschauen und Rückzugsraum für Lebewesen sind. Und schon sind wir bei der treibenden Kraft der Artenbildung, der Aufteilung in Teilpopulationen, die durch geographische Veränderungen getrennt wurden. An diesem Teil der Präsentation blickten alle gespannt auf das rote Seil: Aber heute ging es nicht um das Erlernen neuer Knoten, sondern um die Geschichte des Lebens auf unserer rund 4,5 Milliarden Jahre alten Erde. Das Seil symbolisierte die Zeitspanne und Dirk hatte wichtige Ereignisse mit Fäden markiert. Vor rund 3,6 Milliarden Jahren tauchte erstes Leben auf dem blauen Planeten auf, sogenannte Blaualgen, die zu den Bakterien gehören. Lange rutscht das Seil durch Dirks Hand, bis sich daran etwas ändert. Vor über einer Milliarde Jahren entwickelten sich die ersten höheren Zellen, die sogenannten Eurkaryotenzellen und vor 600 Millionen Jahren erste mehrzellige Lebewesen.  Kurz bevor Dirk das Ende des Seils aus der Hand glitt, tritt die Gattung Homo auf den Plan.

Nach der Pause führte Dirk zwei Studien an, die vom verheerenden Rückgang der Biodiversität zeugen. In der Krefeld-Studie wurde ein Rückgang der Insektenbiomasse um 75 Prozent über 27 Jahre gemessen. Am Randecker Maar auf der Schwäbischen Alb belegte eine 50-jährige Untersuchung, dass rund 90 Prozent der Insektenarten aus den Familien der Schwebfliegen, Waffenfliegen und Schlupfwespen verschwunden waren.  Zu den schockierenden Ergebnissen kommt hinzu, dass unser Wissen über die Biodiversität noch in Kinderschuhen steckt.  Ein Großteil der Arten auf der Erden ist noch nicht entdeckt, geschweige denn die Ökosysteme erforscht. Nach Dirk ist die Wissenschaft der Biodiversität auf dem Stand der Medizin im Mittelalter. „Wir befinden uns, sozusagen, immer noch auf dem Stadium, Körper aufzuschneiden, um herauszufinden, welche Organe sich darin befinden.“

Wie können wir als Alpenverein helfen, diese Wissenslücken zu schließen? Dirk nahm uns an dieser Stelle mit ins Rätikon und stellte sein Citizen Science Projekt vor. Bürgerinnen und Bürger, Laien und Experten machen sich auf den Weg, die Biodiversität in der Region zu bestimmen. Dabei spielen zwei Faktoren eine wichtige Rolle: die Zahl der verschiedenen Arten und die Anzahl der Individuen je Art. Daraus lässt sich dann in einer komplexen Formel, dem sogenannten Shannon-Wiener-Index, die Biodiversität bestimmen. Dennoch sind wir nicht ganz blind und wissen schon heute, was wir tun müssen, um die Biodiversität auf der Erde zu erhalten. Der berühmte amerikanische Biologe Edward O. Wilson berechnete, dass wir 50 Prozent der Erde der Natur überlassen müssen, damit rund 84 Prozent der Arten überleben.

Mit vollem Kopf verlassen wir erschöpft nach 2,5 Stunden den Raum. Dabei hätte Dirk sicher den weiteren Abend noch mit interessanten Ausführungen füllen können. Wer beim Vortrag nicht dabei war, und gerne weitere Informationen hätte, kann sich an Klimaschutz@dav-weinheim.de wenden.

Susanne Brendle