Eine Woche im Mekka der Bergsteiger

In der dritten Septemberwoche war es wieder einmal so weit, dass der unermüdliche Walter Hebling einige der Mitglieder des Singkreises in die Alpen führte.

Per Bahn ging es nach Zermatt auf 1600 m Meereshöhe, einem ehemaligen kleinen Bergbauerndorf im Tal der Matter Vispa und zu Füßen des Matterhorns. Dieses, der Inbegriff eines schönen und markanten Alpengipfels, hat Zermatt zu dem gemacht was es heute ist, nämlich zum Ziel von Besuchern aus vielen Erdteilen.

Außer dem Matterhorn gibt es noch zahlreiche andere Gipfel, wie Weiß-, Rot-, Breit- und kleines Matterhorn, um nur einige zu nennen. Seit über 200 Jahren ziehen sie die Bergsteiger aus aller Welt magisch an, wovon auch der Bergsteigerfriedhof an der Kirche beim alten Zentrum der Gemeinde Zeugnis ablegt.

Der große Verkehrsknotenpunkt ist der Bahnhof, die Verbrenner-Autos bleiben in Täsch zurück, Zermatt ist sauber, hier kommt man elektrisch oder mit Muskelkraft vorwärts, oft auch kombiniert, also mit E-Bikes. Ausnahme sind schwere Baustellenfahrzeuge, von denen es auch nicht wenige gibt. Durch das ganze Gewimmel kämpften wir uns tapfer zum Haus Angelina durch und hoch, auch über eine Baustelle.

Walter hatte mit dem Appartement einen glücklichen Griff getan, eine perfekte Basis für uns mit überwiegend Selbstversorgung.

Der Sonntag war für die Eingehtour bestimmt. Beim Frühstück gab es ein paar Regentropfen, sonst blieb es die ganze Woche trocken, gelegentlich mit einigen Wolken, die Sonnencreme wurde täglich ausgiebig angewendet. Den Anfang machte die Stadtbesichtigung, um in die bäuerliche Vergangenheit einzutauchen, mit den alten Wohnhäusern aus tiefbraunem angewitterten Holz und steinernem Unterbau. Noch origineller sind die dabeistehenden Stadel, die ebenfalls bis ins Mittelalter zurück reichen. Deren Stelzen sehen aus wie Pilze aus Holz und Stein und halten die vierbeinigen Vorratsschädlinge fern. In den folgenden Tagen haben wir auf den Wanderungen noch viele solcher alten Bauten gesehen.

Zurück zur Eingehtour, wo uns die gut besuchte Zermatter Hauptstraße wieder in die Gegenwart holte mit ihren feinen Geschäften und Hotels, und was man immer sich vorstellen kann. Nach Süden hin zum Ortsende wird alles ruhiger und gelassener, die Häuser kleiner mit Blumen- und Gemüsegärten, mittendrin die große Talstation der Seilbahnen. Diese ließen wir aber für heute links liegen, um den steilen Anstieg nach dem kleinen Ort Furi zu nehmen. Vorbei an einer kleinen Kapelle – es scheint sie an jedem Ort zu geben, sei er auch noch so klein – ging es zum Tal des Zmuttbaches. Wo die Hänge flacher werden, gibt es immer wieder zerstreute Häuser und schöne Blicke auf die benachbarten Schneegipfel. In Zmutt liegen gleich zwei Gasthöfe, das ist schon fast der ganze Ort. Wir genossen die Einkehr, um über Hubel und Herbrig wieder nach Zermatt zu kommen. Mit 10 km und 494 hm war es schon eine ordentliche Eingehtour.

Für Montag waren die Ziele schon höhergesteckt. Mit der Sunneggabahn, einer Standseilbahn, fuhren wir auf die Sunnegga auf 2288 Meter hinauf; ein Ort, der durchaus auch Panoramaegga heißen dürfte. Wie so oft schwelgte Walter hier in Erinnerungen und zählte alle Gipfel hin und zurück der Reihe nach auf und auch noch die, die sich noch hinter den sichtbaren versteckten. Die meisten davon hatte er in seiner Jugend schon hinter oder besser unter sich gebracht. Wir blieben deutlich bescheidener, stiegen auf schmalem Pfad zur Blauherd auf und weiter bis unterhalb des Rothorns, wo es dann aus fast 2800 Metern abwärts zur Fluhalpe ging. Hier war eine Rast fällig, dann ging es im Tal nach unten bis zum Stellisee, in dem normalerweise das Matterhorn sich spiegeln sollte; es hatte aber sein launisches großzügiges Wolkenkostüm angelegt.

Die Tour endete mit dem Wiederaufstieg zur Bergstation der Sunneggabahn, womit 11,7 km geschafft waren. Die Höhenmeter wurden nicht aufgezeichnet, waren aber deutlich mehr als der Unterschied tiefster/höchster Punkt (2288/2800m).

Am Dienstag hat Walter sich ein freudiges Wiedersehen mit dem Salzgeberhaus in Winkelmatten gegönnt, dieses liegt oberhalb der Seilbahnstation und etwa 10 Gehminuten entfernt. Hier haben vor Jahrzehnten Bergsteigergruppen des AV Weinheim gewohnt.

Nächstes Ziel war wieder Furi, über einen uns bisher nicht bekannten Weg erreicht. Am Ortseingang konnten wir einer kleinen Gaststätte nicht widerstehen und kehrten ein. Frisch gestärkt stiegen wir das Tal der Gornera hoch bis zu einer Hängebrücke, die in schwindelerregender Höhe über die Schlucht führte und beim Überschreiten durchaus beachtlich schwankte. Links des Baches ging es wieder abwärts bis zum Ort und Gaststätte „Zum See“, auch in dieser gesegneten Gegend eine beachtliche Schönheit. Die Einkehr war unvermeidlich. Den Höhepunkt des Tages setzte die Wanderung durch die tiefe enge Gornerschlucht. 12 km, 450hm.

Für den Mittwoch gab es eine durchwachsene Wetterprognose, also auch ein eher bescheidenes Programm. Wir verließen Zermatt in nordöstlicher Richtung und hangaufwärts, überwiegend durch Wald. Rast wurde gemacht in Tufteren auf einer schönen Terrasse einer Gaststätte, jetzt mit Sonne und schöner Aussicht, leider schien der Wirt etwas widerwillig. Von hier wieder großenteils durch Wald bis unterhalb der Sunnegga nach Findeln und dann auf schmalem Pfad herunter bis nach Zermatt – Winkelmatten waren es 11 km, 600hm.

Wie vorhergesagt strahlte den ganzen Donnerstag über die Sonne, so ging es per Kabinenbahn zum Schwarzsee (2583m), der Ausgangspunkt für die Wanderung zur Hörnli-Hütte (3260m). Wieder bot sich ein wunderbares Panorama über die verschneiten und vergletscherten Gipfel, aber auch in die durch den Klimawandel verwaisten leeren Lager der Gletscherzungen. Die Wanderung zur Hörnli-Hütte ist sehr beliebt und der Steig sehr gut gesichert, für relativ Ungewöhnte aber teilweise abenteuerlich, auch die dünne Luft fordert ihren Tribut. Auf der Hütte angekommen, genossen wir die Rast und auch die Künste eines Hubschrauberpiloten, der nach seinem Versorgungsflug ins Tal zurückkehrte. Dann war es Zeit für den Rückweg, um die letzte Talfahrt der Seilbahn nicht zu verpassen. Offizielle Angaben von der Homepage der Hörnli-Hütte: 8,6 km, 693hm. Unbestreitbar der Höhepunkt der Woche!

Der Freitag war dann der letzte Tag und wurde dank des Tages zuvor und des nahenden Abschieds von Zermatt mit leicht weichen Knien absolviert. Erst versorgten wir uns am Bahnhof mit Fahrkarten nach Visp und bummelten dann noch mal durch den Ort, was sicher nichts mit „Schaufensterkrankheit“ zu tun hatte. Danach gings noch einmal in die Höhe auf den unteren Zmuttweg, um in aller Ruhe, in voller Sonne und Wärme nochmal die Landschaft und das Panorama zu genießen. Auch die Rast in Zmutt ließen wir uns nicht nehmen, bevor wir ins Haus Angelina zum Kofferpacken zurückkehrten.

Den Abend verbrachten wir auf der Terrasse einer Gaststätte bei Käsefondue, während das Matterhorn langsam erblasste, bis es sich schließlich als Schatten gegen den hellen Himmel abzeichnete.

Wir alle werden noch lange an diese schöne, harmonische Woche zurückdenken, jeder hat dazu beigetragen, auch am Herd und in der Küche und beim Einkaufen. Heidi, Gisela und Silvia haben sich dabei besonders hervorgetan.

Ganz besonders danken wir Walter Hebling, der von der Idee bis zur Planung und Gestaltung wieder alles in die Hand genommen hat.

Hans Schlabing